Geburt und Taufe

Bis zum zweiten Weltkrieg gab es in unserm Dorf nur Hausgeburten. Die Gemeindehebamme half bei der Geburt und kam in der ersten Woche jeden Tag zweimal, morgens und abends. Der erste Junge hieß meist wie der Vater, das erste Mädchen wie die Mutter. Solange das Kind nicht getauft war, durften Mutter und Kind nicht auf die Straße. Am Samstag vor der Taufe ging der Kindesvater im Kirchenpelz und mit einer lebenden Henne beim Abendläuten zum Pfarrhof, um die Taufe anzumelden. Beim Betreten des Hauses nach der Taufe sagte die ältere Gode: “En Heiden drajen mir eus dem Hois, en Chrasten broingen mir an det Hois, steapt en an de Esch, wun ihr boicht uch wäscht. Good sejn ech alle madenunder!”.

Kindergarten

Der Kindergarten wurde in Seiburg die Bewahranstalt genannt. Um 8 Uhr kamen die Kleinen. Sie wurden von zu Hause beköstigt und brachten in einem Töpfchen (Zimantschen) und in einem Körbchen (Zicker) ihr tägliches Essen mit. Zeitweilig wurde von jeweils zwei Müttern das Mittagessen in den Kindergartenräumen für alle gemeinsam gekocht, ebenso wurde Brot aus Getreide der Kirchengemeinde gebacken. Der Kindergarten befand sich im Kirchengebäude und umfaßte den großen Saal, in dem die Kinderbetten aufgestellt waren, wo die Kleinen das Mittagsschläfchen hielten, und ein Zimmer daneben. Dort waren Tische und Bänke und dort aßen die Kinder auch ihre 10 Uhr-Jause, das Mittagessen und die Nachmittagsjause. Wenn die Eltern vom Felde heimkamen, holten die Mütter die kleineren Kinder ab, die größeren gingen zu zweit, sich an den Händen haltend, nach Hause.

Kirche und Schule

Bis zum 2.Weltkrieg haben die Siebenbürger Sachsen sowohl ihre Kirche, als auch ihre Schule samt deren Angestellten selbst erhalten, wobei vom Staat nur ein ganz kleiner Zuschuß gezahlt wurde. Das Schulgebäude in Seiburg wurde 1913 neu gebaut, das alte, sehr baufällig gewordene, mußte abgetragen werden. Dies geschah jedoch erst in den 20er Jahren. In jedem Dorf gab es eine Kirche, eine Schule, ein Pfarrhaus und eine Lehrerwohnung. Pfarrer und Lehrer waren Respektspersonen, vor denen man den Hut zog, oder, wenn man gerade saß, aufstand und grüßte. Der Pfarrer wurde bis zum l.Weltkrieg mit “Herr Vater”, die Pfarrersfrau mit “Frau Mutter” angesprochen. In der ersten und zweiten Klasse wurde nur in der deutschen Muttersprache unterrichtet. Vor dem 1.Weltkrieg, als Siebenbürgen zu Ungarn gehörte, lernten die Kinder ab der dritten Klasse auch etwas Ungarisch dazu. Nach dem 1. Weltkrieg kam Siebenbürgen zu Rumänien und da wurde aus dem ungarischen ein rumänischer Unterricht. Mit der Zeit aber wurden immer mehr Stunden in rumänischer Sprache unterrichtet. Die Mädchen gingen acht Jahre zur Schule, die Jungen neun, erst in den 30er Jahren wurde auf das 7-jährige, rumänische System umgestellt. Anschließend mußten die Jugendlichen noch vier Jahre im Winter in die Fortbildungsschule gehen. Diese fand jeden Dienstag und Donnerstag am Abend von 18 bis 20 Uhr statt. Es war Pflicht, diese Schule zu besuchen. Kam einer einmal nicht, so wurde er zwar nicht bestraft, bekam aber einen Verweis. Die Fortbildungsschule hatte die Aufgabe, die jungen Leute auf ihr weiteres Leben vorzubereiten. Es wurde aber weder eine Schlußprüfung abgelegt, noch gab es ein Zeugnis.

Konfirmation

Nach abgeschlossener Schulpflicht begann nach Weihnachten der Konfirmationsunterricht, an dem alle Konfirmanden teilnehmen mußten. Eine Woche bevor die Konfirmanden die Prüfung in der Kirche vor der versammelten Gemeinde abzulegen hatten, gingen sie zu den Paten und Goden, zu Eltern, Großeltern, erwachsenen Geschwistern und nahen Verwandten, luden sie zur Konfirmation ein und baten sie um Verzeihung für alles, was Sie an ihnen gefehlt haben sollten. Anschließend sammelten sich die Konfirmanden und gingen geschlossen zu Pfarrer und Lehrer, um sich bei ihnen für alle Mühe bei der Erziehung zu bedanken. Als sichtbares Zeichen ihres Dankes wurde jedem der beiden ein Korb voll Eier überreicht.

TrachtKonfirmationJahrgang1960

Seiburger Konfirmanten mit Tracht

Zur Prüfung, die am Samstag vor Paimsonntag um 18 Uhr stattfand, erschienen die Konfirmanden in der Kirchentracht. Die Konfirmation selbst fand am Palmsonntag statt und anschließend nahmen die Konfirmanden gemeinsam mit ihren Eltern das Abendmahl.

Verlobung

Die Verlobung wurde zuallererst beim Herrn Pfarrer angemeldet. Das geschah immer nur an einem Mittwoch. Am darauf folgenden Samstag wurde im Haus der Braut gekocht, gebacken und wurden Vorbereitungen getroffen für die Verlobung. Am späten Nachmittag ging das Brautpaar mit zwei Trauzeugen, alle in Kirchentracht, ins Pfarramt. Dort nahm der Pfarrer die Daten der Verlobten auf und besprach alles mit den Trauzeugen. Zum Abschluß sprach der Pfarrer noch ein Gebet, dann gingen alle vier wieder ins Haus der Braut und übergaben die Braut ihren Eltern. Der Bräutigam kehrte sodann mit den Trauzeugen in sein Elternhaus zurück. Um 7 Uhr abends ging nun die Verwandtschaft des Bräutigams, an der Spitze sein Trauzeuge und der Bräutigam selbst, zum Haus der Braut.

Der sogenannte Wortmann des Bräutigams, meist ein naher Verwandter, bat in wohlgesetzten Worten im Namen des Bräutigams um die Hand des Mädchens. Der Wortmann der Braut antwortete, dankte für die erwiesene Ehre und versprach, daß die Braut alles tun werde, um eine gute Gattin zu sein. Inzwischen hatte sich vor dem Haus die ganze Jugend eingefunden. Auf ein Kommando, pletschten (knallten) die Burschen mit den Gießeln (Peitschen). Das krachte so laut, dass man es im ganzen Dorf hören konnte. Das Brautpaar trat nun aus dem Haus und der Bräutigam bedankte sich bei der Bruderschaft. Nun trat jeder Bursch zum Brautpaar und wünschte ihm viel Glück für das gemeinsame Leben. Das Brautpaar ging dann wieder ins Haus. Nun sang die Schwesternschaft drei Lieder. Das Brautpaar kam wieder heraus und diesmal bedankte sich die Braut bei der Schwesternschaft und nahm Abschied von den Mädchen. Diese überreichten dabei einen Blumenkranz in Herzform aus Papierblumen. Auf der Rückseite war ein Papier geklebt, auf das eines der Mädchen einen Sinnspruch geschrieben hatte.

Noch ein Lied wurde jetzt gesungen, danach warfen die Mädchen die mitgebrachten Koranderdäppchen (Tongefäße) zu Boden. Anschließend knallten die Burschen noch einmal mit ihren langen dicken Ochsenpeitschen und dann ging die Jugend heim, das Brautpaar ins Haus zurück und hier wurde weiter gegessen, getrunken, gesungen und getanzt, wie es bei den Sachsen eben üblich war zu feiern.

Hochzeit

Drei bis sechs Wochen nach der Verlobung findet die Hochzeit statt. Ein paar Tage davor geht man zur Hochzeit bitten. Das fällt meistens den Elternpaaren zu. Die Vorbereitungen beginnen schon eine Woche vorher. Die Frauen machen geschniddenen Diech (Suppennudeln>, denn die Nudelsuppe darf bei keiner Hochzeit fehlen. Die Mädchen binden die Hochzeitssträuße. Freitag in der Früh gehen die Brautmutter und ebenso die Mutter des Bräutigams zu jenen Frauen, die zur Hochzeit eingeladen sind, um sie zu bitten, beim Backen, Kochen und Vorbereiten der Hochzeit zu helfen. Freitag Abend bringt die ganze Gemeinde zum Schmieren Eier, Rahm, Milch, Fett, Mehl, Zucker, Gemüse, Hühner usw., sowohl in das Haus der Braut, als auch in das des Bräutigams. Zum Dank wird Brot und Pali (Schnaps) gereicht. Am späteren Abend wird vom Haus des Bräutigams der Braut ein Besuch abgestattet. Man bringt auch zum Schmieren mit: einen Hühnerkopf, ausgeblasene Eier, ein Gläschen mit Asche usw. Vor der Haustüre bleiben alle stehen und man singt drei Lieder. Alle Besucher werden ins Haus gebeten, die Braut aber ist verschwunden. Hinter einem Leintuch, das von zwei jüngeren Frauen gehalten wird, stehen die Braut und zwei alte Frauen. Gelingt es dem Bräutigam nun, seine Braut zu erraten, wird er von allen beglückwünscht, wenn nicht, wird er kräftig ausgelacht. Die Unterhaltung geht weiter, es wird gesungen und nach einiger Zeit gehen alle Besucher zurück ins Haus des Bräutigams. Nach kurzer Zeit erwidern die Braut und ihr Gefolge den Besuch. Nun sucht die Braut den Bräutigam. Spaß, Spiel und Gesang finden ihre Fortsetzung. Spätestens um ein Uhr Früh gehen alle nach Hause.

Am Samstag wird gebacken, geschlachtet und gekocht. Die Burschen holen Tannenäste aus dem Wald, mit denen sie das Tor am Haus des Bräutigams und der Braut schmücken. Sonntag in der Früh werden die Morgengaben durch die Brautknechte überbracht. Der Bräutigam schickt der Braut die Brautschuhe, das Brauttuch und das Bockeltuch samt Bockelnadeln. Die Braut schickt ein weißes besticktes Hemd mit Krawatte oder Halstuch und eine Unterhose. Für den Pfarrer schickt man eine Henne, ein Brot und eine Handlich. Zwei gebockelte junge Frauen gehen ins Haus der Braut, das sind die Brautfrauen. Dort haben sich schon alle Gäste versammelt und stehen hinter den Tischen. Eine der Brautfrauen verlangt im Narnen des Bräutigams die Braut. Diese verabschiedet sich von ihren Eltern und Geschwistern, steigt auf den vor ihr stehenden Tisch und springt mit Hilfe der beiden Frauen vom Tisch herunter. Das ist der Abschied von zu Hause. Die Braut ist natürlich bereits in Festtracht.

Nach dem Gottesdienst und der Trauung erwartet die Blasmusik die Hochzeitsgesellschaft vor der Kirche und alle ziehen mit Musik zum Hochzeitshaus. Dort begrüßt der Wortmann die Gäste. Nun geht’s zum Gabentisch. Dahinter stellen sich das Brautpaar auf, rechts und links die Trauzeugen, Brautknechte und die Eltern. Nun treten die Geschwister der Braut und des Bräutigams an den Tisch, legen ihre Gaben darauf und wünschen Glück und Gesundheit. Dann kommen die näheren Anverwandten und schließlich die Freunde und Bekannten. Ist das Güven zu Ende, geht alles zu den vorbereiteten Tischen und es wird gegessen und getrunken. Nach dem Essen verschwindet die Braut mit den beiden Brautfrauen. Sie gehen zu einer Nachbarin. Dort wartet die Frau, die Schluoddern kann (bockeln), bereits auf sie. Der Borten wird abgenommen, der schwarze Rock wird mit dem weißen getauscht und die junge Frau wird geschluoddert.

Um 14 Uhr läutet die große Glocke vom Turm und die junge Frau geht mit den beiden Brautfrauen zur Einleitkirche. Ist diese vorüber, holt der Ehemann seine Frau mit Musik und allen Hochzeitsgästen von der Kirche ab, diese und ihre Begleiterinnen sind nun gebockelt in der Kirchentracht. Mit Musik geht es zum Gemeindesaal. Gegen 24 Uhr folgt der Brauttanz, wobei alle Hochzeitsgäste mit der Braut tanzen. Die Tanzunterhaltung dauerte bis zum frühen Morgen. Dann begann der Alltag, auch für das neuvermählte Paar.

Tod und Beerdingung

War ein Mitglied der Gemeinde verstorben, so ging man in die Kirche und holte den Leichentisch mit Behängen. Die Aufbahrung des Toten erfolgte in seinem Haus in der faderschten Stuv (schönsten Stube). Am Abend vor der Beerdigung banden die Frauen der Nachbarschaft beim jüngeren Nachbarvater zwei Kränze. Einen, der später um das Grab gelegt werden sollte und einen mit Blumen, der dazu bestimmt war, auf das Grab gelegt zu werden. Starb einer aus der Bruder- oder Schwesternschaft, dann banden die Mädchen die Kränze. Während des ganzen Abends kamen immer wieder Leute aus der Nachbarschaft und aus der Gemeinde, um ihr Beileid auszudrücken und dem Toten die letzte Ehre zu erweisen. Es wurde dann ein meist frisch gebackenes Brot in zwei Teile geteilt und von zwei Seiten reihum gereicht. Jeder schnitt sich ein Stückchen ab. Man nennt dies das Tränenbrot. Gleichzeitig wird eine Pali-Flasche reihum gegeben. Am nächsten Nachmittag fand das Begräbnis statt.