Silvester
Silvester war wohl hauptsächlich ein Fest der Jugend. Man begann es in der Regel mit Bratwurst und Sauerkraut und mit Tee mit Rum. Um Mitternacht läuteten die Kirchenglocken und danach wurde das neue Jahr mit Blasmusik vor der Schule begrüßt.
Neujahr
Am Neujahrsmorgen, beim ersten läuten zum Hauptgottesdienst, versammelten sich die kirchlichen Würdenträger vor dem Pfarrhof. Gemeinsam gingen sie zum Herrn Pfarrer und wünschten ihm im Namen der Gemeinde ein gesegnetes neues Jahr.
Auch die Amtsknechte mit den beiden Schaffnern gingen am Neujahrsmorgen, sonntglich gekleidet und mit dem Kirchenpelz, zum Herrn Pfarrer und überbrachten die guten Wünsche der Bruder- und Schwesternschaft für das neue Jahr.
Die Kinder und die Jugend gingen zu allen Freunden und Bekannten, um ein gutes Jahr zu wünschen. Dazu hatten sie Gedichte und Sprüche gelernt.
Am Abend des Neujahrstages wurde der sogenannte “Teeabend” vom Frauenverein veranstaltet, zu dem außer den Musikanten und dem Herrn Pfarrer kein Mann Zutritt hatte. An diesem Abend wurde Tee getrunken und Krapfen gegessen.
Am 5. Januar fand immer der Kinderball statt und zwar am Abend. Da holten sich die Jungen von den Mädchen Papierblumensträußchen. Der Kinderball endete um Mitternacht.
Am 6. Januar hatte die Jugend ihren Tanz. Dieser dauerte bis in der Früh.
Fasching
In der Woche vor dem Aschermittwoch begann der Fasching in Seiburg. Schon am Sonntag Abend tanzte die Jugend von 20 Uhr bis 2 Uhr in der Früh und ebenso am Montag, denn das war der eigentliche Tag der Jugend. Da war Tanz von 14 bis 16 Uhr, dann ging man nach Hause essen und um 20 Uhr ging es wieder weiter bis in die frühen Morgenstunden.
Richttag
Am Richttag, an einem Dienstag in der Faschingszeit, trafen sich alle Männer einer Nachbarschaft bei ihrem älteren Nachbarvater. Auf einem Tisch stand die Nachbarschaftslade, neben dem Tisch warteten die beiden Nachbarväter. Die Nachbarschaftslade ist das Herzstück jeder Nachbarschaft. In ihr befinden sich die Statuten mit den geschriebenen Rechten und Pflichten der Mitglieder, andere wertvolle Papiere und das Nachbarschaftszeichen. Diese Lade also wurde zum angegebenen Zeitpunkt geöffnet und zeigte damit den Beginn des Richttages an.
Der ältere Nachbarvater verlaß nun den Jahresbericht und stellte die Anwesenheit aller Mitglieder fest. Sodann hielt er eine kurze Ansprache über den Verlauf des vergangenen Jahres und gab die Jahresabrechnung bekannt. Darauf traten die beiden Nachbarväter ab und gingen hinaus. In ihrer Abwesenheit wurde nun über sie Gericht gehalten, ob sie irgenwie gefehlt hätten. Dann wurden sie wieder herein geholt und hatten sie sich strafbar gemacht, dann mußten sie das Doppelte von dem bezahlen, was einem gewöhnlichen Mitglied der Nachbarschaft bemessen worden wäre. Darauf begannen im allgemeinen die Vorbringungen und Besprechungen. Jeder, der im abgelaufenen Jahr gegen die Nachbarschaft oder gegen einen von ihr verstoßen hatte, mußte sich dafür verantworten und eventuell Strafe zahlen. Wer sich der Ordnung nicht fügte, wurde ausgeschlossen; das kam aber selten vor.
Die Nachbarmutter hatte bereits frisches Brot gebacken und dieses wurde jetzt mit Wein und Schnaps serviert. Abend kamen die Frauen ins Haus des jüngeren Nachbarvaters und berieten dort über die Vorbereitungen für den nächsten Tag. Am nächsten Tag wurde nämlich der Fasching gefeiert.
Alle Teilnehmer fanden sich um 9 Uhr früh beim älteren Nachbarvater ein. Man war maskiert und fuhr mit dem Schlitten oder dem Wagen von einer Nachbarschaft zur anderen auf Besuch. Am Abend kamen alle Nachbarschaften im Gemeindesaal zusammen, wo der traditionelle Faschingsball stattfand. Der Tanz und die Unterhaltung dauerten die ganze Nacht, bis in die Morgenstunden.
Damit war der Fasching in Seiburg zu Ende.
Ostern
Am l. Ostertag verkündete um 6 Uhr in der Früh die Musikkapelle vor der Kirche aus das Osterfest. Um 11 Uhr fand der Ostergottesdienst statt.
Am 2. Ostertag erfolgte das sogenannte Spritzen. Die Mädchen gingen in der Früh mit Parfumfläschchen, mit selbstangesetzten Duftwässerchen oder nur mit einfachem Wasser zu den Burschen ihrer Klasse und bespritzten sie. Am Abend dieses Tages wurde meistens ein Theaterstck im Gemeindesaal aufgeführt.
Am 3. Tag ging das Spritzen aber erst richtig los, jetzt ging die männliche Jugend. Dabei wurde ab und zu ein Mädchen so stark bespritzt, dass es beinahe wie gebadet aussah. Am Nachmittag traf sich dann die Jugend, wobei die Mädchen, gleichsam als Dank für das Bespritzen, Gebäck mitbrachten. Man blieb bis zum Abend beisammen.
Pfingsten
Schon zwei Wochen vor dem Fest begannen die Vorbereitungen. Die Burschen gingen in den Wald und sammelten Immergrün. Ein oder zwei Tage vor Pfingsten wurden die Immergrünkränze gebunden und am Pfingstsamstag am späten Abend oder in der Nacht von den Burschen ausgetragen, d.h. sie warfen sie auf die Fensterbretter, aufs Dach oder nur übers Tor der Häuser, in denen Mädchen wohnten.
In der Früh sammelte man die Kränze in den Häusern und hängte sie in die straßenseitigen Fenster – denn schlielich konnte man daran ja die Beliebtheit der Haustöchter ablesen -, wo sie bis nach den Feiertagen blieben.
Heiratsfähige Burschen pflegten aber einen ganz besonders gefährlichen Brauch, der daher bei den Mädchen begehrt war: das Maienaufschlagen. Am Seiburger Hattert gab es nur sehr wenige Birken, die besonders behütet wurden. Die Burschen begaben sich daher im Schutz der dunklen Nacht in ein Nachbardorf und schnitten dort unter großer Gefahr Birken um, die dann heimlich und ohne Aufsehens mit einem Pferdegespann nach Hause befördert wurden. Die Birken, die bis zu 10 m hoch waren, wurden vor das Haus der jeweiligen Angebeteten gestellt. War ein Bursch verlobt, stellte er die schönste Birke vor das Haus seiner Braut, geschmückt mit einem Kranz Immergrün und einer Pfingstrose.
Pfingstsonntag
Pfingstsonntag Morgen bewunderte dann das ganze Dorf die Kränze und Birken, die auch manchmal Anlaß zum Tuscheln und Rätselraten gaben. Wie freuten sich die Mädchen, die viele Kränze an ihrem Vaterhaus fanden und wie viele Tärnen mögen da wohl geflossen sein, bei jenen, die leer ausgegangen waren.
2.Pfingsttag
Am 2.Pfingsttag lud die Schwesternschaft zum Dank für Kränze und Birken die Burschen ein und bewirtete sie mit Likör, Hanklich und manchmal auch mit Kaffee.
3.Pfingsttag
Am 3.Pfingsttag fand in Seiburg das Waldfest statt, der sogenannte Gregori: Nachmittags um 13 Uhr ging oder fuhr die ganze Gemeinde in einen nahegelegenen Eichenwald. Dort spielte die Musik auf und Kinder und Jugend tanzten, sangen und spielten, bis gegen Abend alle wieder nach Hause gingen.
Peter und Paul oder das Kronenfest
Dokumentation des Seiburger Kronenfestes von Wilhelm Roth
Eines der schönsten Feste unserer Gemeinde war das Kronenfest. Schon Tage vor dem eigentlichen Fest wurde im Wald ein Baum bestimmt, den die Bruderschaft zu fällen, zu entrinden und aus des Forst in den Schulhof zu transportieren hatte. Dort wurde der meist zwischen 10 und 15 Meter hohe Stamm aufgestellt und an seinem oberen Ende ein altes, großes Wagenrad aufgesteckt, auf dem die Krone befestigt werden sollte. Einen Tag vor Peter und Paul sammelten die Mädchen Feld- und Gartenblumen, Immergrün und Kornähren. Am Nachmittag wurde die Krone gebunden und das Kronenholz im Schulhof aufgestellt, in den letzten Jahren im Kirchhof. Am 29.Juni, zeitig in der Früh, wurde die Krone von einem der Amtskechte in einem Kornfeld versteckt. Um 1 Uhr nachmittags versammelten sich die Burschen, alle zu Pferd, am Ausgang des Dorfes, um die Krone zu suchen. War sie gefunden, übernahm sie der Altknecht und geschlossen ritt man zum Dorf.
Einritt in das Dorf mit der Krone
Bei der Mühle (Dorfeingang) wurde die Burschenschaft von der Gemeinde, alt und jung, der Schwesternschaft, auch in Tracht, und von den Knechtvätern erwartet. Nun zog man in festgelegter Ordnung ins Dorf zum Schulhof
Im Schulhof angekomen, stellten sich die Kinder in einen Kreis um das Kronenholz, dahinter die Mädchen und mit etwas Abstand die Burschen mit ihren Pferden. Der Kurator begrüßte nun die Gemeinde mit einer kurzen Ansprache. Daraufhin übernahm der Wortknecht oder ein anderer Bursch die Krone und stieg über die vorbereitete Leiter das Kronenholz hoch, setzte die Krone auf das Rad auf und hielt nun von luftiger Höhe aus eine humorige Ansprache, wobei er Dörrobst oder Bonbons für die Kinder herunter warf.
Aufsetzen der Krone auf das Kronenholz
Nach dieser Rede sang die Gemeinde ein Lied und gewöhnlich sprach nun auch noch der Pfarrer oder manchmal der Lehrer über die Entstehung des Brauches des Kronenfestes.
Das Singen des Siebenbürger-Liedes schloß diese Feier. Die Burschen ritten nach Hause, versorgten die Pferde und kamen wieder zurück zum Tanz um die Krone, der bis zum Abend dauerte.
Erntedank
Im Herbst, meist im September bedankte man sich für das vergangene fruchtbare Jahr mit seinem reichen Segen an Früchten und Getreide durch einen Dankgottesdienst mit besonders schön geschmücktem Kirchenraum.
Am frühen Sonntagmorgen brachte man Früchte und Ähren, zwei schön gebundene Kränze, einer aus goldgelben Kornähren und einer aus reifem Hafer, und schmückte damit die Kirche. Die Kränze wurden im vorderen Teil des Kirchenraumes aufgehängt.
Zum Dank für die Ernte, nahm die Gemeinde bei diesem Gottesdienst das Abendmahl. Davor fand eine Versöhnung zwischen Eheleuten, Eltern und Kindern, Nachbarn und Verwandten statt.
Spinnstube
Im Herbst wurde die Schwesternschaft in drei Gruppen (junge, mittlere und ältere) aufgeteilt. Diese Gruppen trafen sich den ganzen Winter über jeden Abend um zu spinnen. Zweimal in der Woche wurde für die konfirmierte Jugend eine Abendschule gehalten, aber anschließend ging es noch in die Spinnstube. Freitag und Sonntag wurde nicht gesponnen, aber gestrickt, genäht und gehäkelt.
Zubehör für Hanfbearbeitung und Spinnen
Die Spinnstube war nicht nur eine Einrichtung für die Schwesternschaft, auch die Burschen besuchten sie gerne. Sie unterhielten sich dort mit den Mädchen oder spielten miteinander Karten. Überhaupt war die Unterhaltung ein großer Bestandteil dieser Winterabende. Es wurden Witze erzählt, viel gelacht, Tagesereignisse besprochen, vor allem aber wurde viel gesungen. Dies ist vielleicht auch ein Grund dafür, daß sich der siebenbürgische Liederschatz so gut erhalten hat.
Wenn in der Spinnstube eine Spindel oder eine Stricknadel zu Boden fiel und ein Bursche schneller war mit dem Aufheben der Nadel, dann gab er sie oft erst zurück, wenn er dafür einen Kuß bekam. Manchmal gab es aber dafür auch eine Ohrfeige. Dieses Mädchen mußte sich dann aber in Zukunft ihre Nadeln selbst aufheben.
Samstag und Sonntag endeten die Abende meist noch nicht nach getaner Arbeit um 22 Uhr, sondern es schlossen sich noch Gemeinschaftsspiele oder Brettspiele an.
Advent und Weihnachten
Mit des ersten Adventsonntag beginnt die Vorweihnachts- oder Adventzeit, und damit begannen auch die Vorbereitungen für das schönste Fest des Jahres, das Weihnachtsfest.
Zweimal pro Woche, im Religionsunterricht, lernten die Kinder Lieder und Gedichte, oft auch ein Krippenspiel für den Weihnachtsabend. In der Kirche hing während dieser Zeit ein Adventkranz mit den vier Kerzen. Diesen Adventkranz gab es in Seiburg aber erst seit dem Jahre 1930.
In der Gemeinde Seiburg gab es auch den Brauch des Leuchtersingens. Vier Schuljungen übernahmen jeder einen Leuchter. Die Jungen gingen von Klasse zu Klasse und wählten der Reihe nach die Schulkinder zu ihrer Gruppe, bis jedes Kind zu einer Leuchtergruppe gehörte. Das Schmücken der Leuchter erfolgte jedes Jahr neu, und immer war es das Bestreben der Gruppe, ihren Leuchter besonders schön zu gestalten.
Weihnachtsleuchter
Zwei Wochen vor Weihnachten wurden in der Gemeinde Lebensmittel für das Backen gesaumelt. Es führten dies die Mädchen der letzten Klasse durch. Später bucken dann die im Ausschuss vertretenen Frauen des Frauenvereines im Pfarrhof die Weihnachtsmänner, Herzen und Sterne aus Kuchenteig. Man roch, dass es Weihnacht wurde. Diese Bäckerei und noch eine Kleinigkeit für die Schule (Heft, Bleistift oder etwas Ähnliches) wurden zu Päckchen verpackt und für den Weihnachtsabend vorbereitet.
An Weihnachtsabend wurde der Weihnachtsbaum in der Kirche aufgestellt und mit Christbaumschnuck verziert. Kerzen wurden aufgesteckt, die während des Gottesdienstes ihren hellen Schein verstrahlten. Vor diesem Baum sagten nun die Kinder ihre gelernten Gedichte auf und sangen Weihnachtslieder. Auch das Krippenspiel wurde hier aufgeführt.
War der Gottesdienst zu Ende, so erhielten alle Kinder, groß und klein, eines von den vorbereiteten Päckchen. In unserer Gemeinde war es Brauch, dass kein Kind ohne Weihnachtsgabe das Gotteshaus verlassen durfte. Draußen vor der Kirche erwartete bereits die Blaskapelle die Gemeinde mit ihren schönen Weisen. Das klang so wunderbar schön in der dunklen Nacht, daß sich wohl jeder, der dies einmal erleben durfte, immer daran erinnern wird.
Früh am ersten Weihnachtsmorgen, im Frühgottesdienst, fand das Leuchtersingen statt und ebenfalls am Neujahrsmorgen. In der Kirche wurden die vier Leuchter aufgestellt und zwar einer vor dem Altar und je einer vor den insgesamt drei Eingangstüren. Jeder Leuchter war umringt von “seiner” Jugend. Nun wurde das Lied “Das ist der Tag, den Gott gemacht” gesungen und zwar im Wechselgesang, jede Leuchtergruppe einen Teil der Strophe, die letzte Strophe wurde von der ganzen Gemeinde mitgesungen.
Am zweiten Weihnachtsabend wurde auch oft ein Theaterstück von der Jugend aufgeführt, das unter der Leitung eines Lehrers erlernt worden war. Der an diesen zweiten Weihnachtsabend anschließende Tanz ließ das Weihnachtsfest fröhlich ausklingen.